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Die Geschichte der Sportlichen Vereinigung Osram

Eine Idee wird zur Erfolgsgeschichte

Bereits im Jahr 1906 ließ sich die Auer-Lampengesellschaft (Degea) den Markennamen OSRAM für ihre Lampen eintragen. Sehr viel Mühe und Arbeit war für die Mitarbeiter mit der Herstellung von OSRAM-Lampen verbunden. Es gab noch keinen Achtstundentag, keinen freien Sonnabend-Nachmittag und an Urlaub war auch kaum zu denken. Mit dem wirtschaftlichen Erfolg wuchs auch der Wunsch, nach getaner Arbeit hinauszukommen aus Büro und Werkstatt, Sonne und frische Luft genießen. Einige Angestellte fanden sich zusammen. Sie spielten Tennis in Rummelsburg oder Treptow, sie schwammen im Deutschen Bad bei Stralau, sie spielten mit Freunden auf dem Platz des Sportvereines Wacker in Lichtenberg oder turnten in der neuen Gemeindeschule in der Ehrenbergstraße. Die kleine Gruppe fand viel Zuspruch. So kam der Gedanke auf diesen losen, nebeneinander herlaufenden Bestrebungen eine Ordnung zu geben.

Einige Kaufleute traten an Herrn Direktor Hermann Remané heran, trugen ihm ihre Wünsche vor und hatten Erfolg. Remané, der sich durch die Erfindung der Wolframwendel als Glühdraht weit über das Unternehmen hinaus einen Namen gemacht hat, war der richtige Mann zur richtigen Zeit. Im gefiel die Idee und er bemühte sich hartnäckig darum sie zu realisieren.

Gründung der Sportlichen Vereinigung Degea

Am 14. April 1909 versammelten sich im alten Kasino etwa 250 Angehörige der Auergesellschaft. Hermann Remané teilte seine Absicht mit und am gleichen Abend erklärten 200 Angestellte ihren Beitritt in die neugegründete „Sportliche Vereinigung Degea“. Es gab einen neuen Sportverein, aber er hatte keine Sportplätze.

Vielfältige Wünsche wurden geäußert, manche mussten aus Vernunftgründen wieder verworfen werden. Die einen wollten gerne den Wacker-Sportplatz mitbenutzen, andere wären lieber in den Treptower Park gegangen. Die Kegler wünschten gedeckte Bahnen, die Rudervereine eine schöne Wasserfront. Die Schwimmer erstrebten Sommer- und Winterbetrieb. Die Teschingschützen bekamen zwar genug schwarze Lampen als Zielobjekte, aber keinen Schießstand. Die Fechtabteilung, die Boxer, die Leichtathleten, alle meldeten ihre Wünsche und Forderungen an. Hermann Remané musste ausgleichen, schlichten und versöhnen. Um schließlich zu einem greifbaren Erfolg zu kommen griff er in die eigene Tasche.

Dem Gastwirt Speer am Baumschulenweg 78 zahlte er 200 Reichsmark. Nun konnten sich die OSRAM Sportler auf der großen Wiese neben der Gastwirtschaft nach Herzenslust austoben.

Die Sportstätte am Baumschulenweg

Im Frühjahr 1910 fand auf dem städtischen Gelände an der Köpenicker Landstraße unweit der Station Baumschulenweg entfernt eine Industrieausstellung statt. Hermann Remané pachtete zunächst auf drei Jahre, kaufte die Bauten der Ausstellung und übernahm die Verpflichtung den Platz der Stadt Berlin später wieder eingeebnet zurückzugeben.

Mit Zuschüssen der Geschäftsleitung wurde ein vorbildlicher Spielplatz geschaffen. Aus dem „Brandprobenhaus“ wurde durch Erweiterung und Ausbau das Klubhaus. Das Römische Bad, das während der Ausstellung ein großer Anziehungspunkt war, wurde zum Zentrum des Angelsports. In den Wasserbehältern züchtete man zunächst Karpfen und Goldfische. Sie verschwanden bald. Die Fläche wurde mit glatten Platten ausgelegt zur Tanzdiele für Italienische Nächte, denn Sportler wollten auch feiern. Im Römerbad entstand ein Ring für Boxer und Ringkämpfer. Es gab in der Ausstellung auch einen Musterfriedhof. Er wurde ebenfalls für sportliche Zwecke umfunktioniert. Das Tschirnhaus wurde mit Schränken versehen, Garderoben und Toiletten eingebaut.

Am Rande des Sportplatzes entstanden Gartenlauben. Die Kegler errichteten eine gedeckte Kegelbahn. Die Kosten dafür bestritten sie durch die Ausgabe von Bausteinen, die später in bares Geld eingelöst werden sollten. Die meisten Bausteine übernahm Hermann Remané privat. Er löste sie niemals ein.

Der Sportplatz am Baumschulenweg wurde mit seiner Aschenbahn und den Tennisplätzen als Gesamtlage eine Sehenswürdigkeit. Für die damaligen Mitarbeiter war er ein fester Mittelpunkt ihrer sportlichen Aktivitäten.

1. Weltkrieg und Wiederaufbau an der Oberspree

Was mit großer Mühe und mit Begeisterung aufgebaut worden war, konnten die OSRAM-Sportler nur fünf Jahre in Frieden nutzen. Dann begann der erste Weltkrieg. Es wurde still am Baumschulenweg. Viele Sportler mussten in den Krieg ziehen. 18 SVO-Mitglieder kehrten nicht mehr nach Hause zurück. 1919, angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in Deutschland, entschlossen sich die drei großen Glühlampenhersteller zur Fusion. Die Osram GmbH entstand.

Die Sportgruppe blieb weiter aktiv. Am 1. Januar 1921 wurde die „Sportliche Vereinigung OSRAM“ ins Vereinsregister eingetragen. Nun war Deutschlands ältester Sportgruppe der Weg zu einer beachtlichen Entwicklung eröffnet.

Der Wassersport war für die Berliner von jeher sehr wichtig. Das die schöne Sportanlage am Baumschulweg keinen Zugang zum Wasser hatte, wurde von Anfang an als Mangel empfunden. 1934 kaufte die Geschäftsführung ein einzigartig schönes, 25.000 m² umfassendes Sportgelände in Berlin Oberspree. Neben einem Sportheim mit eigener Bewirtschaftung und verschiedenen zweckmäßig ausgestatteten Clubräumen gab es an sportlichen Einrichtungen für leichtathletische Wurf- und Sprungübungen sechs gepflegte Tennisplätze, eine herrliche Badeanstalt mit Strand, Sprungturm und 25-m-Schwimmbahn, Umkleideräume, zwei Bootshallen, einen Bootsplatz mit fünf Steganlagen und Schlafräume für Ruderer mit 40 Betten. Dazu gehörten die notwendigen Räume für Hygiene, Massage, Bestrahlung und Erste Hilfe. In dieser Zeit hatte die SVO 600 Mitglieder in den Wettkampfgruppen und rund 1800 in den Übungsgruppen.

Sogar ein eigenes Nachrichtenblatt gab es: „Osram Sport“. Es erschien einmal monatlich. Arnold Razig hatte die SVO-Fahne in Blau-Weiß-Gold entworfen.<br />

Es bestanden 14 Fachgruppen: Turnen, Gymnastik, Fußball, Leichtathletik, Schwimmen, Boxen, Hockey, Tennis, Rudern, Skilauf, Kegeln, Tischtennis und eine Sportgruppe der Verkaufslager. Alle diese Sportgruppen hielten enge Kontakte zu den Betriebssportvereinigungen anderer Unternehmen.

Zweifellos leistet eine aktive und leistungsfähige Industriesportgruppe auch einen wesentlichen Beitrag zur Förderung des Images eines Unternehmens. Zahllos sind die Siege, welche die SVO im sportlichen Wettkampf gewann. Viele Ehrungen wurden errungen. Sehr oft wurden Mitglieder der SVO ihrer herausragenden Leistungen wegen in der offiziellen Sportpresse erwähnt.

Sport im dritten Reich

"Ein Volk in Leibesübungen" wünschten sich die nationalsozialistischen Machthaber, als sie 1933 an die Regierung kamen. Was 1909 als eine Initiative freier Frauen und Männer entstanden war, die den Sport als "Lustbarkeit" auffassten, war nun in Gefahr, ideologisch missbraucht und umfunktioniert zu werden.<br />

Zum 25jährigen Jubiläum schrieb der Beauftragte des Reichssportführers in einem Grußwort an die SVO: "… Es ist unsere Aufgabe, jeden einzelnen deutschen Volksgenossen zu erfassen, auf das ein starkes und wehrhaftes Geschlecht heranwachsen möge."

Zum 30jährigen Jubiläum hatte die SVO einen neuen Namen: Betriebssportgemeinschaft OSRAM-BGO. In der Jubiläumsschrift war nun öfter die Rede vom Gemeinschaftsgeist. Der Sportsgeist kam an zweiter Stelle. Die rechte Führung sah Sport in jeder Form als vormilitärische Erziehung und als Mittel die Menschen zu disziplinieren.

Auf den Erfolg des einzelnen Sportlers kam es nicht an. Sport sollte eine Massenbewegung werden unter dem Motto: "Der einzelne ist nichts, das Volk ist alles". Hatte man sich vor der Nazizeit noch darüber auseinandergesetzt, ob Arbeiter und Angestellte in der gleichen sportlichen Gemeinschaft zu Wettkämpfen antreten sollen, so musste man nun darauf bedacht sein, nicht politisch missbraucht zu werden. Der SVO als Industriesportgruppe gelang es ihre Eigenständigkeit weitgehend zu bewahren.

Die Bedeutung der SVO, die vor dem zweiten Weltkrieg bestand wurde deutlich, als am 3. November 1934 das 25jährige Jubiläum zu feuern war. Damals hatte OSRAM den großen Saal der Berliner Philharmonie mit einer neuen Beleuchtung ausgestattet. In diesem traditionsreichen Saal fand das Fest statt. 2.200 Menschen nahmen daran teil. Es spielten der OSRAM-Chor und das OSRAM-Orchester welche es seit 1934 Stücke von hoher Qualität zum Besten geben.

Der zweite Weltkrieg und die Kapitulation trafen den Lebensnerv des Unternehmens. Sie brachten auch der der SVO entscheidende Verluste. Bomben, Granaten und Demontagen hatten das Unternehmen zerstört. Die SVO verlor ihre glanzvollen Sportstätten. Sie lagen im Osten der Stadt.

Die SVO im Nachkriegsdeutschland

Erst 1953 als OSRAM sich einigermaßen erholt hatte, dachte man daran, die SVO wieder aufleben zu lassen. Zunächst wurde – ganz bescheiden – mit einer Tischtennisgruppe ein neuer Anfang gemacht. Das Ziel war, wieder eine große zentrale Sportfamilie zu gründen, die alle Sportarten vereint.

1954 war die Gründungsversammlung der SVO. Besonders verdient gemacht hatte sich um die Wiedergründung Günther Wiese. Er wurde zum 1. Vorsitzenden berufen. Der Berliner Senat stellte im Volkspark Rehberge eine Anlage zur Verfügung. Als Vereinsabzeichen wurde die ehemalige SVO-Fahne gewählt.

Die SVO der Nachkriegszeit musste einen anderen Charakter haben. Sie konnte sich nicht mehr auf den zentralen Mittelpunkt Berlin konzentrieren.

Gründung weiterer SVO-Standorte

Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre bildeten sich, ausgelöst durch die Aktivitäten der SVO Berlin, an den Westdeutschen OSRAM Standorten wieder eigene SVO-Vereine. OSRAM hatte nun neben Berlin Standorte in München, Augsburg, Herbrechtingen, Schwabmünchen, Eichstätt usw. So wurden regionale Sportgruppen gegründet, die als eigenständige Vereine des bürgerlichen Rechts fungierten. Diese Sportgruppen fanden sich zu regelmäßigen Sportübungen zusammen.

50 jähriges Jubiläum

Zum Sportfest anlässlich des 50 jährigen Gründungsjubiläums vom 7. - 10. Mai 1959 kamen Sportler aus Berlin und den Westdeutschen OSRAM Standorten München, Augsburg, Mannheim und Herbrechtingen. Herr Dir. Prof. Dr. Meyer stiftete zum 50jährigen drei Pokale der Geschäftsführung der Firma OSRAM.

Fußball und Leichtathletik waren die ersten Sportgruppen, die nach dem Krieg wieder begannen. 1955 kamen Kegeln und Tennis dazu. Die jüngsten Sprösslinge waren dann um 1957 eine Schach-, Skat- und Reitabteilung.

Gründung der Sportlichen Vereinigung Osram e.V.

Aus steuerrechtlichen Gründen wurde von der Geschäftsführung der OSRAM GmbH angeregt, die SVO Abteilungen in das Vereinsregister eintragen zu lassen. Nach ausgiebiger Diskussion zwischen HR, dem GBR und den SVO-Vorsitzenden wurde eine Satzung erarbeitet und zu einer Gründungsversammlung in das OH-M eingeladen.

Unter notarieller Aufsicht fand am 25. September 1995 die Gründungsversammlung statt. Der Satzung entsprechend war der Sitz der SVO e.V. im Münchener OSRAM Haus. An den Standorten der OSRAM GmbH entstanden Hauptabteilungen der SVO e.V.

100 Jahre SV Osram

2009 durfte die SVO das 100 jährige Bestehen der als Betriebssportgruppe angefangenen Vereinigung feiern. Alle Mitglieder, Familienangehörige und Freunde des Vereins waren dazu vom 01. bis 03. Mai in das Berliner Nobelhotel Estrel im Stadtteil Neukölln eingeladen. Während den Samstag über die Sportlichen Wettkämpfe in allen Sparten ausgetragen wurde, gab es am gleichen Abend die große Feier mit Preisverleihung und Ehrung besonderer Mitglieder. Hier wurde auch unser Ehrenmitglied Fritz Lang für seine 50 jährige Mitgliedschaft beim SVO geehrt.


aus: 100 Jahre Sportliche Vereinigung Osram e.V. - Geschichte einer Bewegung (Astrid Hopf und Werner Oppel)